Rossmann, Erich
Geschichte des Bestandsbildners 1920 Direktor des Hauptversorgungsamtes Stuttgart, Abgeordneter, seit 1924 Mitglied des Württembergischen Landtages und des Reichstages (SPD), 1945-1948 Generalsekretär des Länderrates der amerikanischen Zone, 1948/49 Intendant von Radio Stuttgart/Süddeutscher Rundfunk, 1948 Generalsekretär der Europa-Union Erich Rossmann: Ein Leben für Sozialismus und Demokratie, Stuttgart/ Tübingen 1947 Lebensdaten 12.1.1884 geboren in Pößneck/Thüringen 1905 Politischer Redakteur der „Schwäbischen Tagwacht" 1911 Leitender Redakteur der „Donauwacht", Ulm 1914-1918 Kriegsdienst 1918 Reichsausschuss der Kriegsbeschädigtenfürsorge, Berlin 1918 Regierungsrat im Reichsarbeitsministerium Direktor des Hauptversorgungsamtes Württemberg in Stuttgart 1924 Mitglied des württembergischen Landtags (SPD) Mitglied des Reichstages (SPD-Fraktion) Mitglied des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten Verbindung mit dem Internationalen Arbeitsamt in Genf und der Liga für den Völkerbund 1933 Verhaftung: Konzentrationslager Heuberg/Württemberg 1933-1944 Selbständiger Kaufmann in Berlin (Hausverwaltungen) unter Aufsicht der Gestapo Aug. 1944 Verhaftung: KZ Sachsenhausen, Freilassung Frühjahr 1945 April 1945 Flucht aus Berlin nach Thüringen Okt. 1945 Umsiedlung von Thüringen nach Stuttgart Dez. 1945 Generalsekretär des Länderrates der amerikanischen Zone bis 1948 Juli 1948 bis Intendant von Radio Stuttgart Aug. 1949 (ab Juli 1949: Süddeutscher Rundfunk) 1948 Generalsekretär der Europa Union, Deutschland Mai 1949 Ehrenpräsident der Europa Union 1949-1951 Vorsitzender der Einigungskommission vom Reichsbund und dem VdK (Verband der Kriegs- und Zivilbeschädigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen) 1953 gestorben in Meran Bestandsbeschreibung Lebenserinnerungen 1884-1945; persönliche Papiere; Wiederbegründung der SPD in Thüringen 1945; Tätigkeit beim Länderrat und beim Deutschen Büro für Friedensfragen 1946-1949 und als Intendant sowie als Generalsekretär der Europa-Union; Reichsbund und Verband der Kriegs- und Zivilbeschädigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen 1949-1953 Inhaltliche Charakterisierung Obgleich die politische Tätigkeit des ehemaligen Generalsekretärs des Länderrats der amerikanischen Besatzungszone Erich Rossmann keineswegs erst nach dem 2. Weltkrieg begann, setzt die erhaltene schriftliche Überlieferung des im Jahre 1972 als Depositum ins Bundesarchiv übernommenen Nachlasses Rossmanns durchweg erst mit dem Jahre 1945 ein. Ein umfangreiches Privatarchiv aus den früheren Jahren ging nach Rossmanns eigenen Angaben beim Luftangriff auf Berlin am 22./23 Nov. 1943 in Flammen auf. Tatsächlich sind aus Rossmanns immerhin 61 Lebensjahren bis 1945, in denen er u.a. Reichstagsmitglied und Direktor des Hauptversorgungsamtes in Stuttgart war und den Reichsausschuss der Kriegs-beschädigten Fürsorge mitbegründete, nur einige wenige, meist persönliche Papiere erhalten; vereinzelte Briefe und auch Gedichte (vgl. Nr. 5, 7, 8), sodass Rossmanns zurückschauenden Betrachtungen, sei es in Briefen, sei es in „Lebenserinnerungen", die nicht identisch mit seinem publizierten Buch sind, und die in Teilen als Manuskript erhalten sind (vgl. Nr.1), und seinem übrigen persönlich-biographischen Material verstärkte Bedeutung beigemessen werden muss. Dieser Tatsache wurde auch bei der Verzeichnung Rechnung getragen. Allerdings liegt der Schwerpunkt von Rossmanns politischer Bedeutung eindeutig in seiner Tätigkeit nach 1945, wobei das Amt des Generalsekretärs des US-Länderrates sicherlich das wichtigste war. Aus diesem Grund wird das Fehlen von Schriftgut bis zu diesem Zeitpunkt den Wert des Nachlasses Rossmann nicht entscheidend schmälern können. Die Verzeichnungsarbeit wurde naturgemäß dadurch sehr erleichtert, dass die vorgefundene Ordnung der Privatregistratur nicht allein privates und rein funktionsbezogenes Material, sondern auch innerhalb des letzteren die verschiedenen Ämter und Tätigkeiten Rossmanns recht sauber trennte. Die Papiere des Generalsekretärs des Länderrates, des Mitglied des Verwaltungs-ausschusses des Deutschen Büros für Friedensfragen, des Intendanten von Radio Stuttgart, des Vorsitzenden der Einigungskommission von Reichsbund und VdK und des Generalsekretärs und späteren Ehrenpräsidenten der deutschen Sektion der Europa-Union brauchten nicht eigens voneinander separiert zu werden. Die vorgefundenen Schriftguteinheiten trugen den verschiedenen Kompetenzen so gut Rechnung, dass die sonst so große Zahl von „Varia" bzw. „Sonstiges-Bände" sich auf zwei reduzierte (Nr. 56, 57). Für die Jahre nach dem Ausscheiden als General-sekretär des Länderrates 1948-1953 hat Rossmann seine diversen Presseartikel, Reden, Rundfunkansprachen, Interviews und sonstigen Verlautbarungen in einem Sammelband vereinigt. Bei der Verzeichnung wurde hieraus lediglich das Material zur Intendantenzeit herausgetrennt - das ohnehin eine recht deutlich abzugrenzende Einheit in dem Bande ausmachte - und als eigene Nummer (Nr. 47) der Unter-gliederung „Intendant Radio Stuttgart" zugeordnet. Es versteht sich bei dieser Sachlage beinah von selbst, dass die Klassifikation des verzeichneten Nachlasses sich an die vorgefundene Funktionsgliederung anlehnt und für jede von Rossmanns Kompetenzen nach 1945 eine eigene Sparte bildet. Innerhalb der einzelnen Sparten allerdings war eine einheitliche Untergliederung, etwa in Anlehnung an die Überlieferungsart nach Korrespondenzakten und Sachakten, nicht mehr möglich, da eine solche Unterscheidung von Rossmann nicht durchgeführt worden war. Meist vermischen sich z.B. Sitzungsprotokolle, Tätigkeits-berichte und Redenmanuskripte mit den dazugehörigen Korrespondenzen. Aber auch in diesem Fall trennte die vorgefundene Struktur häufig recht schlüssig zwischen dem aus der eigentlichen Aufgabenerfüllung in der jeweiligen Kompetenz erwachsenen Material, den Sammlungen von Reden, Artikeln und sonstigen Verlautbarungen Rossmanns in der jeweiligen Funktion, dem, was andere über Rossmann verlauten ließen z.T. mit Rossmanns Entgegnungen, und schließlich dem rein informatorischen Material. - Bei der Verzeichnung wurde versucht, dieses auch logisch einsichtige Gefälle einzuhalten, wobei nicht in jeder Sparte alle aufgeführten Stufen und auch nicht so klar voneinander getrennt auftraten. Einige kleinere vorgefundenen Einheiten konnten vereinigt, größere Einheiten eingegliedert oder auch - wenn es sich um Doubletten handelte - aufgelöst werden. Andererseits empfahl es sich bei einigen zu groß geratenen Bänden, besonders wenn sie verschiedene, auch bereits innerhalb des Bandes getrennte Materien erhielten, mehrere neue Nummern zu bilden. Bei keinem dieser Eingriffe musste aber die vorgefundene Struktur an wesentlichen Punkten verändert werden. Ausgeschieden wurden ausschließlich reine Doubletten, meist unveränderte Manuskripte und Zeitungsartikel. Benutzer des Nachlasses Rossmann werden vor allem die Überlieferung des Generalsekretärs des Länderrates im Auge haben. Beachtet man allerdings Rossmanns Angaben vom Januar 1949 für die Abwicklungsstelle des inzwischen aufgelösten Länderrates, wonach er die Protokolle der Länderratssitzungen und internen Direktoriumssitzungen dem Koordinierungsbüro der Länder zurückgegeben habe - sie befinden sich tatsächlich heute im BA-Bestand Z 1/18-21-, und im übrigen seine eigene Registratur als Generalsekretär lediglich den persönlichen Briefwechsel führte, während seine dienstliche Korrespondenz in die Registratur der zuständigen Abteilungen gelangt sei, so müssen die Erwartungen hinsichtlich des Aussage-wertes der Länderrats-Akten im Nachlass Rossmann zumindest zurückgeschraubt werden. Immerhin birgt der Nachlass noch so wichtiges Material wie Organisationspläne des Länderrats, Quellen zur Entwicklung und Organisation des Länderrats, Sitzungs- und Tätigkeitsberichte, vor allem jedoch vertrauliche Aufzeichnungen über interne Besprechungen mit den Generälen Clay und Hays, dass die hier vorgefundene Überlieferung als äußerst wertvolle Ergänzungsdokumentation zu den im Bundes-archiv verwahrten Länderrats-Beständen anzusehen ist. Rossmanns eigene Tätigkeit als Generalsekretär allerdings wird durch seinen Nachlass in geringerem Maße dokumentiert. Hatte man unter dem Aspekt „Länderrat" an den Nachlass Rossmanns gewisse, nun nicht ganz erfüllte Erwartungen geknüpft, so erhält der Bestand für Rossmanns verschiedene andere Tätigkeiten und Ämter in unerwarteter Fülle einschlägiges und wertvolles Material. Im Kompetenzbereich „Deutsches Büro für Friedensfragen" - Rossmann war in seiner Eigenschaft als Generalsekretär dort Mitglied des Verwaltungsausschusses - finden sich detaillierte Überlegungen und Informationen zur politischen Entwicklung Deutschlands nach dem Zusammenbruch, aufschlussreich für jede Untersuchung über die „Stunde Null" und die Erwartungen, die manche politischen Kreise hinsichtlich der Chance zum grundlegenden Neuanfang daran knüpften. Die Archivalien aus Rossmanns einjähriger Tätigkeit als Intendant am Stuttgarter Sender dokumentieren überraschend farbig jenen Zeitungsabschnitt in dem Radio Stuttgart als „Süddeutscher Rundfunk" aus der US-Verwaltung in deutsche Hände gelangte, enthüllen aber auch interne Probleme, die zum unerwarteten, für Rossmann recht bitteren Ausgang der Intendantenwahl vom August 1949 führten. Eine Darstellung der Geschichte der Kriegsopferverbände in der Nachkriegszeit wird zukünftig nicht am Nachlass Rossmann vorbeigehen können. Die zähen und erbittert geführten Einigungsverhandlungen zwischen dem Reichsbund und dem VdK 1949-1951, bei denen Rossmann als Vorsitzender der Einigungskommission fungierte, werden nahezu vollständig überliefert, wobei reiche Informationen aus beiden Parteien zu Rossmann, als dem neutralen Vermittler, gelangten. Die Überlieferung zur Europa-Union, Deutschland - wenn auch weniger geschlossen und reichhaltig - spiegelt zum Teil die Anfänge einer Bewegung wieder, die gleichfalls auf dem Hintergrund der „Stunde Null" und der Chance des Neuanfangs zu verstehen ist - dieser besondere Charakter schlägt sich in den Archivalien nieder - und deren Folgen - wenn auch in anderer, weniger idealistischer und elanvoller Form - in die Gegenwart hineinreicht. Nicht allein der Gesichtspunkt „Länderrat" also, sondern auch und in überraschend großem Maße aus Rossmanns anderen Tätigkeiten stammende Aspekte verleihen dem Nachlass Rossmann einen beachtlichen Quellenwert. Einen großen Teil des Nachlasses Rossmann bildet der private Schriftwechsel, dessen alphabetische Ordnung gleichfalls vorgefunden wurde. Die Privat-korrespondenz spaltet sich auf in zwei Serien, von denen die eine die Zeit als Generalsekretär (1945-1948), die zweite die Jahre danach bis zu seinem Tod 1953 umfasst. Da Rossmann, wie oben bereits belegt, die private Korrespondenz recht streng von der dienstliche, ja sogar auch von der halb-dienstlichen, halb-privaten trennte, birgt der als „privat" bezeichnete Schriftwechsel ganz überwiegend tatsächlich nicht-dienstliche Angelegenheiten. Entsprechend bilden politisch bedeutende Persönlichkeiten nur eine kleine Minderheit unter Rossmanns Korrespondenzpartnern, zumindest in diesem Nachlassteil; und wenn sie auftreten, so handelt es sich inhaltlich um recht bedeutungslose Angelegenheiten. Weniger in bedeutenden Namen, auch nicht in der politischen Wichtigkeit der angesprochenen Probleme liegt der Wert des privaten Schriftwechsels - aus diesem und auch zeitlichen Gründen erübrigt sich eine intensive Einzelerschließung nach Partnern und inhaltlichen Gesichtspunkten - vielmehr spiegelt die Gesamtkorrespondenz gerade wegen ihres rein privaten Charakters die spezifischen Alltagsprobleme der deutschen Bevölkerung der unmittelbaren Nachkriegszeit wider. Rossmanns vielfältige Beziehungen zu zahlreichen Verwandten und Bekannten in seiner thüringischen Heimat rücken dabei auch die sowjetische Zone in bemerkenswertem Maße ins Blickfeld. Entnazifizierungsangelegenheiten, „Persilscheine" für die Haltung in der NS-Zeit, Wohnungsfragen, Zuzugsgenehmigungen von Zone zu Zone, Anstellungsgesuche, Arbeitsmöglichkeiten, finanzielle Hilfsbedürftigkeit, Liebesgaben-Pakete usw., diese wenigen Schlaglichter mögen in etwa die angesprochenen Probleme kennzeichnen. Im Übrigen befinden sich in den Nummern 7 und 8 aufschlussreiche Briefwechsel mit SPD-Mitgliedern, wie Fritz Ulrich und Georg Schöpflin während der Kriegsjahre, ebenso mit Angehörigen von ehemaligen KZ-Mithäftlingen in Heuberg und Sachsenhausen. Sie gehören zu dem wenigen Material, das über die Zeit vor 1945 Auskunft gibt. Über die skizzierten Aussagen zu politischen, sachlichen und privaten Problemen von allgemeinerer Bedeutung hinaus, vermittelt der schriftliche Nachlass naturgemäß Aufschlüsse zur Persönlichkeit Erich Rossmanns selbst. In seinen Grundanschauungen und in seinem Weltbild, das aus einer eigentümlichen Mischung von „altsozialistischem" Gedankengut und einer aus intensiver Goethe-Lektüre erworbenen literarischen Bildung geprägt ist, zählte Rossmann zu jener Generation von SPD-Führern, zu deren unumstößlichen Grundsätzen die unbedingte Bejahung der nun in den Nachkriegsjahren neu entstehenden parlamentarisch-demokratischen Staatsform gehörte, und die sich, eben auch weil die früher empfundene Bildungskluft zum Bürgertum als überwunden galt, nicht mehr als Außenseiter in ihrem Staat fühlte, wie noch die SPD-Generation der Bebel, Liebknecht, Keil u.a. zuvor. Rossmanns Generation begnügte sich auch nicht mehr damit, im neuen sich bildenden Staatswesen voll integriert und anerkannt zu sein, sondern glaubte darüber hinaus sich als dessen eigentlicher Begründer und Träger berufen. Koblenz, im Oktober 1973 Dr. Henke Zitierweise BArch N 1011/...
- EHRI
- Archief
- de-002579-n_1011
Bij bronnen vindt u soms teksten met termen die we tegenwoordig niet meer zouden gebruiken, omdat ze als kwetsend of uitsluitend worden ervaren.Lees meer